Am Samstag, den 14.06.2025 traf sich die zwölfköpfige Gruppe zur Exkursion der Segetal- und Trockenrasenflora am Kyffhäuser bei Rottleben. Die gemeinsame Veranstaltung des Botanischen Vereins Sachsen-Anhalt zusammen mit unseren Freund*innen der Thüringischen Botanischen Gesellschaft begann bei bestem Wetter unter der Leitung von Jürgen Pusch. Seiner Promotion als Physiker zum Trotz, hat seine Leidenschaft für die heimische Flora Herrn Pusch in den Naturschutz geführt. Seit 2017 ist er Leiter des Naturparkes “Kyffhäuser und Südharz” und kann als einer der kundigsten Menschen des Kyffhäusers gelten, den er seit seiner Jugend erforscht.
Das Gebiet des Kyffhäusers zeichnet sich durch seine besondere Geologie aus. Während der Untergrund der hohen Lagen vom Zechstein des Oberperms geprägt ist, weisen die unteren Hänge Beeinflussungen der Weichseleiszeit teils über tonig-karbonatischen Triasgesteinen auf. Maßgeblich für die Boden- und Reliefgenese ist der für den Kyffhäuser typische Gipskarst. Im Gebiet wechselten sich basenreiche Verwitterungslehme mit Lösslehmen ab.
Ausgehend vom Sitz der Naturpark-Verwaltung führte die Exkursion zunächst über den Flutgraben zur Wippermühle, wobei Herr Pusch die Gelegenheit nutzte, über die besondere Bedeutung des Wassers im Gebiet aufzuklären. Während die Hänge und Kuppen des Kyffhäusers sich seit jeher durch große Trockenheit auszeichnen, waren die Niederungen nördlich Rottlebens ursprünglich durch Riede geprägt. Die heutige Ackernutzung ist nur durch starke Dränmaßnahmen möglich. Dennoch zeugten Pflanzen wie Carex otrubae auf den Äckern von großer Bodenfeuchte.
Von der Wippermühle beginnend ging die Gruppe dem Lauf der Kleinen Wipper entgegen. An den Feuchtstellen des Grabenwalls zeigte sich stellenweise der Einfluss des Zechsteins durch erhöhte Salzkonzentrationen im Boden. Dieser wurde durch die historische Salzgewinnung und die dafür notwendigen Eingriffe in den Wasserhaushalt der Landschaft verursacht. Besonders erfreute uns das Vorkommen von Carex hordeistichos. Weitere Arten wie Puccinellia distans wiesen auf erhöhte Salzkonzentrationen hin.
Der nördlich angrenzende Acker wurde nun als nächstes aufgesucht. Eindrücklich zeigte sich der Gruppe der Unterschied zwischen mit Herbiziden behandelten und unbehandelten Flächen. Der Reichtum der Ackerwildkräuter umfasste u. a. Bupleurum rotundifolium, Anagallis foemina und A. arvensis, Adonis aestivalis, Consolida regalis, Buglossoides arvensis und als große Besonderheit Adonis flammea.
Weiter zur Gipskuppe hin hangaufwärts gelegene Flächen beherbergten darüber nicht zuletzt Ajuga chamaepitys, Camelina microcarpa wie auch Acinos arvensis. Die hohe Anzahl von bedrohten Segetalarten verdeutlicht die Bedeutung von Maßnahmen zur Extensivierung der Landwirtschaft. Diese sind nur durch die Förderung im Rahmen der Kulturlandschaftsprogramme (KULAP) umsetzbar.
Neben seiner Passion als Botaniker beschäftigt sich Herr Pusch auch mit dem Anbau und der Erhaltung alter Obstsorten. So stellte er der Exkursionsgemeinschaft die alte Sorte „Kunzes Kirsche“ vor. Diese zeichnete sich durch blasse Früchte aus, welche aufgrund ihrer frühen Reife dem Madenbefall durch Kirschfruchtfliegen (Rhagoletis cerasi) entgeht und den Teilnehmer*innen den Nachmittag versüßte.
Auf dem Weg den Hang hinauf deutete vermehrt offen anstehendes Gipsgestein auf die nur noch dünne Bodendecke hin. Hier fand sich nicht nur häufiger Alyssum montanum, sondern auch einige Exemplare der seltenen Orobanche arenaria. Besonders geprägt waren die Hänge im Gebiet durch das starke Aufkommen von Bromus erectus wie auch Linum austriacum. Anhand dieser Arten wurde die Wichtigkeit des Anlegens und Studierens von Herbarbelegen verdeutlicht. Die einst als im Gebiet heimisch eingestuften Arten Bromus erectus und Linum austriacum, welche auch noch in der Kartieranleitung der FFH-Lebensraumtypen als heimische Charakterarten der Halbtrockenrasen gelten, stellten sich aufgrund von Herbarbelegen als neophytisch heraus. Bemerkenswert ist auch, dass Anthemis tinctoria, welche als Zierpflanze weit über ihr ursprüngliches Areal ausgebreitet wurde, im Kyffhäuser als endemisch anzusehen ist. Hieran zeigt sich der Wert des Anlegens von Herbarien. Nur durch die Aufarbeitung der alten z. T. über 100 Jahre alten Belege ließ sich der floristische Status dieser Pflanzen feststellen. Dies soll auch als Ermunterung verstanden werden, selbst häufige „Allerweltspflanzen“ zu sammeln.
Kurz unterhalb der Gipskuppe erreichten die Böden abermals größere Mächtigkeit, wodurch die Trockenrasen dort gemäßigtere Bedingungen aufwiesen, sodass sich die Exkursion den artenreichen Trockenrasen des Kyffhäusers widmen konnte. Die taxonomische Fülle würde an dieser Stelle den Rahmen dieses Berichts jedoch sprengen. Den Wegesrand säumten Onobrychis viciifolia und Teucrium montanum, weiter davon abgelegen fanden sich Arten wie Thesium linophyllon, Neotinea ustulata oder Ophrys sphegodes.
Im Allgemeinen konnte im Kyffhäuser durch umfangreiche Pflegemaßnahmen das Arteninventar erhalten werden. Dennoch verschoben sich die Häufigkeiten über die lange Zeit. Ein lokales oder gar gänzliches Aussterben seltener Arten wie Fumana procumbens steht leider für die Zukunft weiterhin zu befürchten.
Zu guter Letzt führte uns der Rückweg nach unten auf einen weiteren Trockenrasen, diesmal jedoch aufgrund ausgeprägter Südexposition deutlich kontinental getönt – ein Eindruck, welcher durch größere Bestände von Stipa capillata und S. tirsa bestätigt wurde. Offene Bodenstellen stachen durch die weißen Teppiche von Gypsophila fastigiata hervor. In den dichter bewachsenen Stellen versteckten sich wiederum die Grundblätter von Astragalus excapus.
Nach diesem letzten eindrücklichen Biotop ging eine äußerst lehrreiche und spaßige Exkursion ihrem Ende entgegen.
Tim Behrens