Kurze Geschichte der Botanik in Sachsen-Anhalt

Für das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts liegen zahlreiche floristische Analysen vor.
Die erste vollständige Beschreibung der Pflanzenwelt eines konkreten Gebietes in Deutschland, die nach heutigen Maßstäben schon als Regionalflora bezeichnet werden kann, ist die „Sylva Hercynia“ von Johannes Thal ( 1542-1583). Sie wurde 1588 veröffentlicht und behandelt einen bedeutenden Naturraum von Sachsen-Anhalt, den Harz. Thal beschrieb in der “Sylva Hercynia” einige Pflanzen zum ersten Mal, darunter das Brillenschötchen und den Alpen-Milchlattich. Für viele Pflanzen lieferte er genaue Fundortangaben.
Das älteste aus Deutschland bekannte Herbarium, angelegt von Caspar Ratzenberger (1533-1603), enthält Belege aus Sachsen-Anhalt, da der Autor einige Zeit bei Schulpforta gesammelt hat (vgl. Kessler 1870). In einem der besten frühen Kräuterbücher Deutschlands aus dem 16. Jahrhundert, der „Historia plantarum“ von Valerius Cordus (1561) wurden bereits 59 Pflanzenarten von Vorkommen aus Mitteldeutschland beschrieben und abgebildet (Schulz 1916, Sprague 1939). Er fand beispielsweise 1642 schon Arten, die heute hier ausgestorben sind, z. B. Artemisia maritima bei Seeburg und A. rupestris bei Staßfurt (vgl. Irmisch 1862).

Erste Lokalfloren weiterer Gebiete (z. B. Knauth 1687 für Halle, Beckmann 1710 für Anhalt) zeugen von weiteren frühen Aktivitäten zur florisischen Forschung auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts.
Auch nach der Einführung der modernen Nomenklaturregeln durch Linné wurden in unserer Region wichtige methodische Neuerungen entwickelt: Ende des 18. Jahrhunderts setzte der in Wittenberg wirkende Christian Schkuhr wegen der regelmäßigen Verwendung von selbst entwickelten Mikroskopen überregional neue Maßstäbe der Untersuchungstiefe bei Pflanzen, die nicht zuletzt bei der Erforschung der Seggen von Nutzen waren.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde vom Verein für Landeskunde und Naturwissenschaften in Dessau methodische Pionierarbeit bei der Erarbeitung einer Landesflora geleistet. Für die Erfassung der Flora des damaligen Herzogtums Anhalt wurde das Gesamtgebiet in zwölf Kartierungsbezirke mit jeweils verantwortlichen Kartieren aufgeteilt, das ist ein frühes Beispiel für ein gemeinschaftliches Kartierungsvorhaben. Für ihre Geländearbeit verwendeten die Kartierer schon um 1890 gedruckte und gebundene Artenlisten (!), welche man heute als „Anstreichlisten“ bezeichnen würde. Die angestrebte „Neue Flora von Anhalt“ wurde zwar nie abschließend publiziert, aber die insgesamt sieben publizierten „Vorarbeiten“ zeugen vom enormen Umfang und von der inhaltlichen Tiefe der Ergebnisse dieses Gemeinschaftsprojektes (vgl. Zobel 1905, 1907, 1909, 1920, 1975, 1976, Rauschert 1977b).

Literatur:

Irmisch,T. (1862): Ueber einige Botaniker des 16. Jahrhunderts, welche sich um die Erforschung der Flora Thüringens, des Harzes und der angrenzenden Gegenden verdient gemacht haben. – Osterprogramm des Fürstlich-Schwarzburgischen Gymnasiums zu Sondershausen. S. 3–58.

Rauschert, S. (1977a): Johannes Thal Sylva hercynica. Frankfurt am Main 1588. Neu herausgegeben, ins deutsche übersetzt gedeutet und erklärt. – Zentralantiquariat der DDR, Leipzig, 283 S.

Rauschert, S. (1977b): Nachtrag zu Zobels „Vorarbeiten zu einer neuen Flora von Anhalt“ (Teil 1–3, 1905–1909). – Mitt. florist. Kart. Halle (Halle) 3 (1): 27–49.

Rauschert, S. (1977): 400 Jahre ,,Sylva Hercynia” von Johannes Thal. -Hercynia N. F. (Leipzig) 14  (4): 361-374.

Schulz, A. (1916): Valerius Cordus als mitteldeutscher Florist. – Mitt. Thür. Bot. Ver. N. F. (Weimar) 33: 37–66. 

Sprague, T. A. (1939): The Herbal of Valerius Cordus. – J. Linn. Soc. (London) 52: 1–113.

Zobel, A. (1905, 1907, 1909, 1920): Verzeichnis der im Herzogtume Anhalt und in dessen näherer Umgebung beobachteten Phanerogamen und Gefässkryptogamen. Vorarbeiten zu einer neuen Flora von Anhalt. Teile 1–4. – Ver. f. Landesk. u. Naturw. Dessau, Dessau, 106 S., 86 S., 204 S., 57 S.

Zobel, A. (1975): Vorarbeiten zu einer neuen Flora von Anhalt. Teil 5. – Hercynia N. F. (Leipzig) 12 (4): 432–476.

Zobel, A. (1976): Vorarbeiten zu einer neuen Flora von Anhalt. Teil 6. – Hercynia N. F. (Leipzig) 13 (1): 93–132.

 

 

 

 

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