Pflanzengesellschaft des Jahres

2021: Hartholz-Auenwälder

Zu den besonders gefährdeten Pflanzengesellschaften Deutschlands zählen Hartholz-Auenwälder (Ficario-Ulmetum, Syn.: Querco-Ulmetum), weshalb diese von der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft als „Pflanzengesellschaft des Jahres 2021“ ausgewählt wurden.

Hartholz-Auenwälder sind Laubwald-Ökosysteme der planaren und kollinen Stufe und bezeichnend für die Auenbereiche größerer Fließgewässer. In Mitteleuropa repräsentieren sie einen Hotspot für Gehölzarten (mit Vorkommensschwerpunkten seltener Baumarten wie Ulmus laevis und Populus nigra), beherbergen aber auch eine Vielzahl auentypischer Pilz- und Tierarten.

Hartholz-Auenwälder haben seit dem Mittelalter vor allem durch Rodungen und Flussregulierungen über 90 % ihrer ursprünglichen Bestandsfläche verloren. Sie sind gegenwärtig durch Übernutzung, Anbau nicht-heimischer Baumarten, Baumaßnahmen, Entwässerung, Eutrophierung, Ausbreitung von Neophyten sowie durch Pilzerkrankungen (Ulmensterben, Eschentriebsterben) oder Klimawandel extrem gefährdet. Prägendster Standortsfaktor sind Überflutungen, mit denen auentypische Störungen wie Eisgang, Sedimentations- und Erosionsprozesse einhergehen. Reste heute noch vorhandener hydrologisch intakter Hartholz-Auenwälder verdienen prioritären Schutz, sollten aus forstlicher Nutzung genommen und im Rahmen eines großflächigen Auenschutzes langfristig gesichert werden. Eine Renaturierung von Hartholz-Auenwäldern ist nur dann möglich, wenn die Wiederherstellung einer auentypischen Überflutungsdynamik und die Wiederansiedlung bezeichnender und funktional wichtiger Auenwald-Arten aus entsprechenden Spenderpopulationen gelingt.

Hartholz-Auenwälder gelten in Deutschland und auch EU-weit als eine vom Aussterben bedrohte Pflanzengesellschaft.

Die folgendenden Fotos zeigen eine Auswahl der typischen Arten der Hartholz-Auenwälder, fotografiert in Sachsen-Anhalt.

Härdtle, W., Bergmeier, E., Fichtner, A., Heinken, T., Hölzel, N., Remy, D., Schneider, S., Schwabe, A., Tischew, S. & Dierschke, H. (2020): Pflanzengesellschaft des Jahres 2021: Hartholz-Auenwald (Ficario-Ulmetum). – Tuexenia 40: 373–399. pdf

2020: Borstgrasrasen

Die Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FlorSoz) hat die stark bedrohten Borstgrasrasen zur Pflanzengesellschaft des Jahres 2020 ausgerufen. Die auf nährstoffarme Standorte und eine extensive Nutzung angewiesenen Borstgrasrasen sind inzwischen europaweit selten und regional sogar unmittelbar vom Aussterben bedroht.

Traditionell beweidete oder gemähte Borstgrasrasen sind blütenreich und tragen zu einem abwechslungsreichen Landschaftsbild und vielfältigen Naturerlebnissen bei, was vor allem in touristisch geprägten Regionen zunehmend als eine wichtige Ökosystemleistung wahrgenommen und geschätzt wird. Borstgrasrasen sind darüber hinaus der wichtigste Lebensraum für die Arnika — eine bekannte und früher häufig genutzte Heilpflanze. Borstgrasrasen kommen z. B. im Schwarzwald, Harz, in der Eifel und Rhön, im Erzgebirge und punktuell noch in norddeutschen Tieflandsgebieten vor und beherbergen Pflanzenarten, die zumeist nur in diesem Lebensraum zu finden sind. Sie haben eine wichtige Bedeutung als Pollen- und Nektarquelle für blütenbesuchende Insekten und sind Lebensraum für viele andere, oft gefährdete wirbellose Tierarten.

Die folgendenden Fotos zeigen eine Auswahl der typischen Arten der Borstgrasrasen, fotografiert in Sachsen-Anhalt.

Die Mitglieder der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft haben durch ihre Kartierungen den massiven Rückgang artenreicher Borstgrasrasen dokumentiert. Gefährdungsursachen sind nicht nur Flächenrückgänge durch Nutzungsaufgabe, Aufforstung und Überbauung, sondern auch Düngung sowie Stickstoffeinträge aus der Luft. Nährstoffanreicherungen führen zum Verlust der konkurrenzschwachen, gefährdeten Arten. Dadurch verlieren Borstgrasrasen ihre Blütenvielfalt.

Schutz und Wiederherstellung von Borstgrasrasen

Neben der Wiedereinführung einer extensiven Nutzung in brachgefallenen Borstgrasrasen sind zunehmend auch Wiederansiedlungen lokal ausgestorbener Arten notwendig. Dazu werden die in den jeweiligen Regionen noch vorkommenden artenreichen Borstgrasrasen als Spenderflächen genutzt. Um deren Erhaltung zu sichern, sind kontinuierlich verfügbare Vertragsnaturschutz-Programme notwendig, die Gemeinwohlleistungen der Landnutzer fair honorieren. Eine umfangreiche aktuelle Arbeit zu den Borstgrasrasen ist im Tuexenia-Band 39 zu finden. 

Artenreiche Borstgrasrasen auf Silikatböden sind als FFH-Lebensraumtyp 6230* geschützt.

Flyer zur Pflanzengesellschaft des Jahres


2019: Die Glatthaferwiese

Glatthaferwiese im mittleren Schwarzwald im Jahr 1982, Foto: A. Schwabe

Glatthaferwiese im mittleren Schwarzwald im Jahr 1982, Foto: A. Schwabe

Die Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FlorSoz) hat die stark bedrohte Glatthaferwiese zur Pflanzengesellschaft des Jahres 2019 ausgerufen.

Noch vor drei Jahrzehnten waren artenreiche und bunt blühende Wiesen in den Flach- und Hügelländern Deutschlands weit verbreitet. Solche Wiesen auf frischen bis mäßig trockenen Standorten werden wegen des regelmäßig auftretenden Glatthafers in der pflanzensoziologischen Systematik als Glatthaferwiesen bezeichnet. Gemeinsam mit hochwüchsigen Gräsern wie dem Glatthafer kommen auch auffällig blühende Wiesenblumen wie zum Beispiel Wiesen-Glockenblume, Wiesen-Storchschnabel, Scharfer Hahnenfuß, Kleiner Klappertopf, Wiesen-Platterbse und Wiesen-Margerite vor. Diese Frischwiesen wurden traditionell nur mäßig gedüngt und zweimal pro Jahr zur Heugewinnung gemäht. Eine umfangreiche aktuelle Arbeit zu den Glatthaferwiesen ist im Tuexenia-Band 38 zu finden. 

Die folgendenden Fotos zeigen eine Auswahl der typischen Arten der Glatthaferwiesen, fotografiert in Sachsen-Anhalt.

Glatthaferwiesen sehen nicht nur schön aus, sie bieten auch Lebensräume für viele Tierarten. Damit stellen sie die Basis vieler Nahrungsnetze dar. Auch viele Bestäuber (z. B. Wildbienen, Schwebfliegen, Schmetterlinge) finden dort Nektar bzw. Pollen. Extensiv genutzte Wiesen binden im Boden Kohlenstoff und tragen zur Erosionsminderung bei.
Aufgrund der hohen Biodiversität und zahlreicher Ökosystemleistungen sowie wegen ihrer Schutzbedürftigkeit wurden sie als Lebensraumtyp in die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU aufgenommen.

Die Mitglieder der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft haben bei ihren Kartierungen seit Jahren die Artenverarmung in den Frischwiesen dokumentiert. Wesentliche aktuelle Gefährdungsursache ist die Intensivierung der Wiesennutzung. Durch zu intensive Düngung und zu häufige Mahdtermine, z. T. auch durch Umwandlung in intensiv genutzte Mähweiden, kommt es zur Dominanz von Gräsern, während die bunt blühenden Kräuter nach und nach verschwinden. Insbesondere auf kleineren Wiesenparzellen, die oft noch besonders artenreich sind, wird die Nutzung aufgegeben, was ebenfalls zum Verlust der Artenvielfalt führt. In den vergangenen Jahrzehnten wurden auch viele Wiesen umgebrochen und als Ackerland genutzt.

Schutz und Wiederherstellung von Glatthaferwiesen

Neben der Wiedereinführung einer Nutzung in brachgefallenen Wiesen oder einer Nutzungsextensivierung spielt zukünftig auch die Wiederherstellung artenreicher Frischwiesen eine bedeutende Rolle. Hierfür sollten nur Arten aus den jeweiligen Naturräumen verwendet werden, die entweder aus zertifizierter Wildpflanzenvermehrung stammen oder auf artenreichem Grünland über Direkternte gewonnen wurden. Auch in Städten und Dörfern können naturnah angelegte Frischwiesen in Grünanlagen, Parks oder privaten Gartenflächen zur Förderung der biologischen Vielfalt beitragen.

Glatthaferwiesen sind als FFH-Lebensraumtyp 6510 geschützt.

 

 

 

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